Interview mit I LIKE BIRDS

Wie würdet ihr euch bzw. euer Designbüro beschreiben?

André Gröger (A): Wir sind ein Designbüro mit Schwerpunkt auf Printmedien. Wir machen unter anderem Illustrationen, Editorial Design und Installationen, aber auch Identities, Branding und freie Projekte. Besonders wichtig bei unserer Arbeit ist, dass wir uns mit ihr identifizieren können, uns mit ihr wohl fühlen. Bevor das nicht der Fall ist, wird auch nichts publiziert. Unser eigener Anspruch ist in diesem Sinne sehr groß, wobei wir glücklicherweise bei unserer Arbeit sehr flexibel sind.

Wie schwer war es, die Selbstdarstellung für euer Büro zu entwerfen?

Susanne Kehrer (S): Wir hatten zwar eine ungefähre Vorstellung, in welche Richtung wir arbeiten wollten, aber wir hatten keinen Businessplan. Es war eine natürliche Entwicklung. Wir haben einige Dinge ausprobiert, viel gelernt und sind daran gewachsen.
A: Man hat oftmals selbst nur wenig Einfluss auf gewisse Dinge, beispielsweise den Bekanntheitsgrad. Es spielen so viele Kleinigkeiten eine Rolle. Wir haben uns relativ schnell etabliert, wobei wir das gar nicht direkt gemerkt haben. Wir machen unsere Arbeit so, dass wir und der Kunde damit zufrieden sind – von dem ganzen Drumherum bekommen wir relativ wenig mit.

Welche Voraussetzungen braucht man eurer Meinung, um sich als Grafikdesigner selbstständig zu machen?

A: Auf dem Weg in die Selbstständigkeit kommst du um das Bürokratische leider nicht herum – auch wir nicht und mussten uns daher durch den administrativen Dschungel schlagen. Dadurch dass wir bislang in administrativen Bereichen wenig Erfahrung hatten, hat es uns das sicher nicht leichter gemacht.
S: Wir haben auf dem Weg zur Selbstständigkeit oftmals gemerkt, es reicht nicht aus nur Designer zu sein. Du musst dich auch als eine Art Geschäftsmann präsentieren: du musst mit Kunden umgehen, professionelle E-Mails schreiben. Das war auf jeden Fall eine große Umstellung für uns, aber auch ein Entwicklungsprozess, bei dem wir viel lernen konnten.

Gibt es einen Trend, den ihr nicht mitgemacht bzw. bewusst nicht mitgemacht habt? – Wenn ja, welchen?

S: Wir versuchen unsere eigene Arbeit nicht von anderen äußeren Einflüssen abhängig zu machen. In dem Sinne orientieren wir uns nicht an Trends oder gucken, was gerade modern ist. Was für uns einen besonderen Stellenwert hat, ist, dass wir unser Erscheinungsbild stark mit dem Inhalt verknüpfen. Dabei entwickelt sich eigentlich immer eine ganz eigene Formensprache und eine visuelle Erscheinung.

Wie ist die Arbeit bei euch aufgeteilt? / Habt ihr eure Arbeit aufgeteilt?

A: Wir versuchen so viel wie nur möglich, gemeinsam zu machen, von der Konzeption bis hin zur Umsetzung. Mein Augenmerk liegt eher auf dem Illustrationsbereich, Susanne dagegen ist eher für Editorial und Typografie zuständig.
S: Wobei man das nicht so verallgemeinern darf. Oft zeigt mir André seine Illustrationen, die ich natürlich mit anderen Augen sehe und beurteile. Es kommt sogar vor, dass ich direkt in seinen Illustrationen layoute. Auf diesem Weg profitieren wir von dem Blickwinkel des anderen, wodurch sich unsere Arbeitsweise stark vermischt.
A: In der Regel ist es so, dass wir uns auch immer untereinander austauschen – und es eigentlich nie vorkommt, dass einer komplett alleine an einem Projekt arbeitet – da harmonieren wir immer recht gut.

Was bedeutet Design für euch?

A: Design ist für mich ein Handwerk. Wir suchen als Gestalter eine passende Lösung für bestimmte Aufgaben.

Hattet ihr schon früh Vorstellungen eures Berufes?

A: Die Idee ein eigenes Büro zu gründen, entwickelte sich bei unserer Suche nach einem passenden Wunsch-Arbeitsplatz. Allerdings haben wir nicht wirklich etwas richtiges Gefunden ohne Abstriche machen zu müssen. So gründeten wir kurzerhand 2010 unser Studio I LIKE BIRDS. Und jetzt können wir glücklicherweise genau das machen, was wir wollen.
S: Da kann ich nur zustimmen, wir hatten schon recht früh eine gewisse Lebensvorstellung, die wir anstrebten. Wir genießen es die Freiheit zu haben unsere Zeit selbstbestimmt einteilen zu können.

Ratet Ihr Studierenden, sich gleich nach dem Studium selbstständig zu machen?

S: Nach dem Studium waren wir noch nicht selbstständig, das hat sich dann erst später herauskristallisiert. Ich hatte eine Assistenz der Fachhochschule Mainz für ein Jahr, und André war Freelancer. Es gibt keinen optimalen Zeitpunkt für eine Existenzgründung da es immer eine sehr subjektive Entscheidung ist, die jeder für sich treffen sollte. Je nach Persönlichkeit gibt es Menschen, die mit der Freiheit und dem gewissen Risiko etwas besser umgehen können als andere. Der Weg der Selbstständigkeit ist für den Wunsch nach einem gefestigten Job und der Gewissheit, was auf einem am Montag zukommt mit Sicherheit der falsche. Kurzum: es ist eine sehr individuelle Frage, bei der ich auch gar nichts empfehlen kann.
A: Man darf jedoch die ganzen Überraschungen, welche die Selbständigkeit mit sich bringt, nicht außer Acht lassen – ob nun positiv oder negativ, das kann man auslegen wie man möchte.

Wer oder was inspiriert euch? – Habt ihr Vorbilder?

S: Wir gehen gerne ins Museum und schauen uns Kunst an, aus der wir viel Inspiration ziehen. Besonders mit Künstlern wie Magritte oder auch Erwin Wurm können wir uns identifizieren. Aber auch der Alltag und deren kleine Begegnungen verhelfen uns zu neuen Ideen. Das können beispielsweise die Stoffbezüge mit grafischen Mustern in der Bahn sein.
A: Vorbilder – Da es in jedem Bereich Leute gibt, die tolle Sache erschaffen und deren Arbeit wir respektieren, können wir keine eindeutig benennen.
S: Wir mögen Menschen, die machen, worauf sie Lust haben, das durchziehen und dazu stehen, wer sie sind und sich einfach treu bleiben.

Mit wem würdet ihr gerne einmal zusammenarbeiten? Von welchem Projekt träumt Ihr?

S: Interdisziplinäre Projekte mit Leuten aus anderen Bereichen, beispielsweise aus der Wissenschaft, der Biologie oder auch aus der Informatik, finde ich in der Regel sehr spannend und anregend, denn dadurch erfährt man unglaublich vieles und neues und bekommt Informationen, die man als Designer meistens nicht so einfach bekommt. Und ein Traum für uns wäre es standortunabhängige Projekte zu machen, sodass wir auch für eine gewisse Zeit unser Büro ins Ausland verlagern könnten.

Wie geht ihr mit negativem Kundenfeedback um?

S: Damit haben wir relativ wenig Erfahrung. Es gab bislang selten die Situation, dem Kunden erklären zu müssen, dass man gelernter Designer ist und dass die eigene Arbeit Hand und Fuß hat, wenn dieser den Wunsch hat selbst Gestalter zu sein.
A: Generell gehen wir positiv auf Kundenfeedback ein und suchen einen gemeinsamen Weg. Für uns ist es wichtig, dass der Kunde und wir als Designer mit dem Endprodukt glücklich sind.

Wie viele Schritte liegen zwischen ersten Ideen und dem Endprodukt?

A: Manchmal geht es schneller, manchmal braucht es aber auch seine Zeit.
S: Reguläre Arbeitsschritte wie das Brainstorming oder auch die ersten Skizzen bilden die Grundlage für die weitere Realisierung eines Projektes. In der Regel dauert jedoch die Ideenfindung am längsten, wogegen die Umsetzung dann recht schnell erfolgt.

Wie viel Freiheit und Vertrauen geben euch eure Kunden?

S: Wir sind sehr vom Vertrauen der Kunden abhängig, haben diesbezüglich nur positive Erfahrung gemacht, wahrscheinlich weil uns Kunden mittlerweile kennen und wissen, was auf sie zukommt.
A: Im Laufe der Zeit hat man sich einen gewissen „Arbeitenfundus“ zugelegt: Man hat eine Website, auf der man sich der Öffentlichkeit präsentiert. Auf diese Weise sehen unsere Arbeitgeber, was wir produzieren – und es ist nicht zu erwarten, dass eine Arbeit mit ganz anderem Stil verlangt wird.

Habt ihr manchmal auch „die Schnauze voll“?

S: Ja! (lacht)
A: Wir haben für uns gemerkt, dass wir die Arbeit auch einfach mal ruhen lassen müssen, um einen gewissen Abstand zu gewinnen. Ansonsten fällt es sehr schwer, sich wieder „kreativ aufzuladen“ und inspiriert zu werden.

Könnt ihr es euch leisten, eigene Projekte zu machen?

A: Wenn wir das mit unserer Zeitplanung vereinbaren können, dann sind wir für eigene Projekte immer zu haben. Man muss einfach genau ausloten, dass man genügend Zeit für Projekte hat, damit am Ende nichts Halbfertiges entsteht.
S: Meisten ist es so, dass die freien Projekte bei uns einen längeren Zeitraum beanspruchen, so ziehen sich manche Projekte auch ein wenig, weil es uns anders nicht möglich ist.

Warum habt ihr als Standort Hamburg gewählt?

A: Ich denke, bei uns war unser Bauchgefühl sehr entscheidend. Wir kamen nach Hamburg und fühlten uns gleich willkommen, dass wir gleich gesagt haben – das wird unser Standort!

Gibt es Tipps, die ihr uns mit auf den Weg geben könnt?

S: Den Tipp, den ich Studenten geben kann ist: Genießt die Zeit als Student, nehmt euch Zeit für euer Studium – selbst, wenn ihr im Semester nur ein Projekt in Angriff nehmt. Es ist eure einzige Chance, sich die Zeit zu nehmen, um herauszufinden, wer man als Gestalter überhaupt ist. Sich selbst zu entfalten, sich auszuprobieren und zu lernen, Fehler zu machen, denn später im Berufsleben ist das nahezu unmöglich. Da zählt es die Kompetenzen abzurufen – und für die eigene persönliche Entwicklung, die ganz viel Zeit braucht, ist oftmals leider kein Platz.

Ein Ausblick in die Zukunft: Wo wollt ihr hin und was können wir erwarten?

A: Wir haben geplant, Praktikanten bei uns anzunehmen, das Büro aber weiterhin relativ klein zu halten. Also keine 20- bis 30-Mann-Agentur, sondern wir stellen uns vor, das Büro zu viert weiterzuführen.

Wollt ihr noch etwas sagen?

S: Nö! (lacht)
A: So ein Wasser würde ich gerne noch trinken.